Mein Senf zu: Ein einfaches Leben

Sei gegrüßt.

Das Buch, dass ich dir heute vorstellen möchte, habe ich im Rahmen des Online-Buchclubs „Japanliebe Leseratten“ gelesen. Es war also eher eine Empfehlung, der ich blind vertraut habe, als ein Buch, das ich mir selbst ausgesucht habe – wenn du verstehst was ich meine.
Da es aber im Rahmen eines Leseclubs, wo man sich ja untereinander austauscht, gelesen wurde – und das lesen daher auch irgendwie ein anderes ist – möchte ich auch den heutigen Beitrag etwas anders gestalten.

Während des Lesens habe ich dann immer wieder meine Eindrücke festgehalten. Teilweise enthalten diese Spoiler, teilweise auch nicht. Ob du meine Eindrücke während des Lesens, nachlesen möchtest, kannst du selbst entscheiden. Sie sind in Spoiler-Kästen verborgen. Ich werde Dinge, bei denen es sich nicht um Spoiler handelt auch so noch einmal festhalten.

Allgemeine Infos

<b>Klappentext</b><b>Eckdaten</b>
Sunja und ihre Söhne leben als koreanische Einwanderer in Japan wie Menschen zweiter Klasse. Während Sunja versucht, sich abzufinden, fordern Noa und Mozasu ihr Schicksal heraus. Der eine schafft es an die besten Universitäten des Landes, den anderen zieht es in die Spielhallen der kriminellen Unterwelt der Yakuza.

Titel  Ein Einfaches Leben
AutorIn  Min Jin Lee
Verlag  dtv
ISBN  978-3-423-14750-7
Seiten  552
Erscheinungsdatum  21. Februar 2020
Preis (Taschenbuch)  13,90 €

Mein Senf

Ich hatte bisher noch nie von dem Buch gehört. Ich glaube, ich hätte es auch nicht gekauft ohne den Buchclub. Weder Cover, noch Titel sprachen mich besonders an und da es eine koreanische Autorin ist (und keine japanische), hätte auch das mich nicht geködert…
Ich war wirklich sehr gespannt, wie das Buch ist.

bis einschl. Buch I Kapitel 2
Bisher packt mich es mich noch nicht. Den Schauplatz finde ich eher uninteressant (Korea statt Japan), den Stil gewöhnungsbedürftig, aber ich werde definitiv noch weiterlesen. Es verdient definitiv mehr Chance.

Zu Beginn kam ich schlecht in die Geschichte rein. Der Stil sagt mir nicht wirklich zu. Alles ging sehr schnell. Die Figuren blieben zunächst unnahbar, aber dann bremste sich das Tempo ein wenig ab und ich lernte die ersten zentralen Figuren besser kennen.

bis einschl. Buch I Kapitel 9
Ein liebenswerter, kränklicher – aka leidender – Charakter, der obendrein noch Priester ist? I’m absolutely in it!
Allerdings war das jetzt schon irgendwie vorhersehbar, oder? Irgendwie muss Sunja ja nach Japan kommen. Das der Priester sie heiraten und mitnehmen würde, war mir direkt klar, als er wieder gesund war…

Schnell hatte ich mal wieder eine Lieblingsfigur, was dazu führte, dass ich viel besser in die Geschichte kam. Ich freute mich aufs weiterlesen.

bis einschl. Buch I Kapitel 13
Still in love with Baek Isak!
Aber ich kenne den Klappentext – und ich mag ihn außerdem viel zu gerne, als das er überleben könnte… aber ich will mehr Zeit mit ihm verbringen. Er ist einfach zum Knuddeln!

Da ich aber vom Klappentext ja vermuten konnte, was auf mich zukommt – und meine Lieblingsfiguren sowieso immer alle sterben – wurde ich auch zunehmend nervös. Das Lesen machte zwar noch Spaß, aber andererseits wollte ich auch nicht weiterlesen, weil ich nicht wollte, dass passiert, was ich bereits ahnte.

bis einschl. Buch II Kapitel 1
OMG! Mir blutet das Herz! Isak wird doch wohl nicht im Gefängnis sterben?
Und dann gab es da diesen blöden Zeitsprung von 6 Jahren! Mir wird so wenig von diesem liebenswerten Man – sicher ein fürsorglicher Ehemann und Vater – berichtet. *heul*
Sunja wird mir aber immerhin immer sympathischer. Meine anfängliche Abneigung ist wohl auch eher die Schuld des zeitlichen und gesellschaftlichen Settings. Ich mag ihre pragmatische und patente Art. Die Szene beim Pfandleiher war gold!
bis einschl. Buch II Kapitel 7
Uff. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.
Da krieg ich Isak noch mal zu sehen und das nur damit er stirbt und es wieder einen Zeitsprung gibt. Aber gut, immerhin stirbt er nicht allein im Gefängnis. Und sein Tod war ja von vorneherein besiegelt.
Dafür steht da plötzlich wieder Hansu auf der Matte. Ich weiß wirklich nicht was ich von ihm halten soll. Wobei ich zumindest bewundern muss, was für ein Netzwerk er hat, welche Position und Macht er sich in Japans Unterwelt scheinbar erarbeitet hat. Diese Art Mensch fasziniert mich ja schon irgendwie…

Das Tempo der Erzählung nahm immer mehr zu. Es kam zu einigen Zeitsprüngen. Zeitsprünge über mehrere Jahre hinweg. Es fühlte sich an, als wollte ich tauchen gehen, würde aber immer, sobald ich untergetaucht bin, wieder hochgerissen. So konnte ich gar keine richtige Verbindung zu den Figuren herstellen.
Die Figuren sind zwar gut ausgearbeitet, aber es bleiben entfernte Bekannte, die man alle paar Jahre mal zufällig irgendwo auf der Straße trifft.

bis einschl. Buch II Kapitel 20
Ganz ehrlich: Das sind mir mittlerweile einfach zu viele Zeitsprünge, das ist, als wollte ich tauchen gehen, werde aber immer, sobald ich untergetaucht bin wieder hochgerissen. Andere Autoren schreiben für den bisher abgedeckten Zeitraum drei Bücher – und irgendwie glaube ich, dass mir das eher zusagen würde. So kann ich gar keine richtige Verbindung zu den Figuren herstellen. Die Figuren sind zwar gut ausgearbeitet, aber es bleiben entfernte Bekannte, die man alle paar Jahre mal zufällig irgendwo auf der Straße trifft. Außer Isak. Ich liebe Isak, aber der ist ja schon lange tot.
Und dann dieses furchtbare, falsche Ehrgefühl. Noa reagiert ganz furchtbar darauf, dass Hansu sein Vater ist. Ich bin gespannt, ob er sich nochmal beruhigt oder nicht, aber ich habe auch hier schon ein paar Vermutungen.
bis einschl. Buch III Kapitel 8
Ich habe das Gefühl, es wird alles immer schneller. Zwar gibt es die Zeitsprünge von teils mehreren Jahren zwischen den Kapiteln immer noch, aber auch innerhalb der Kapitel legt das Tempo zu. In nur neun Sätzen – ich habe nachgezählt – vom verlieben über Hochzeit bis zu vier Kindern ist schon eine Leistung…

Mit meinen Vermutungen lag ich diesmal übrigens total daneben. Noas Ende hatte ich so wirklich nicht erwartet. Ich kann mir zwar auch vorstellen, was ihn zu diesem Schritt getrieben hat, aber so richtig nachvollziehen kann ich es dann doch auch wieder nicht. Andererseits bin ich auch in der glücklichen Lage, weder eine solche Ausgrenzung noch eine solche psychische Belastung bzw. Erkrankung bisher erlebt zu haben – und hoffentlich werde ich das auch nie. Trotzdem reagiert er bei der Sache mit seinem Vater in meinen Augen einfach zu stark und das spielt für seine Entscheidung sicher auch eine große Rolle.

bis Ende des Buches
Als irgendwie… es wurden viele Dinge angeschnitten, die dann doch wieder keine Rolle mehr spielten. Das mit Haruki Totoyama und seiner Frau zum Beispiel. Seine Frau wurde nie wieder erwähnt. Hat sie sich damit abgefunden? Ist sie gegangen? Hat sie sich auch umgebracht (oder anderweitig selbst zu Grunde gerichtet)?

Alles in allem bin ich von dem Buch nicht besonders angetan. Es war okay, nicht ganz furchtbar, aber mir waren das entschieden zu viele Zeitsprünge. Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin zu viele Themen, Leben/Figuren und Generationen gleichzeitig beleuchten wollte. Alles ging immer sehr schnell, wurde manchmal auch nie wieder zur Sprache gebracht. Figuren kamen und gingen manchmal ohne ein Wort darüber zu verlieren – bzw. wurde das oft erst im nachhinein mal erwähnt.

Trotzdem vermittelt das Buch, glaube ich, einen sehr guten Eindruck vom Leben der Zainichi-Koreaner, also jener Koreaner, die während der japanischen Besatzungszeit nach Japan kamen (bzw. deren Nachfahren), die aber nie als Japaner akzeptiert wurden. Selbst die, die in Japan geboren wurden, ihr ganzes Leben dort verbrachten und gar kein Koreanisch sprechen, sind keine Japaner sondern Koreaner in den Augen der japanischen Gesellschaft. Sie wurden (ich hoffe, mittlerweile ist das besser, aber das kann ich ehrlichgesagt nicht sagen – ich weiß es nicht) zeitlebens ausgegrenzt, verachtet und mies behandelt.
.oO(Was nebenbei bemerkt zeigt, dass der deutsche Titel eher schlecht gewählt ist.)
Es gibt einen Grund, warum Japan sich im zweiten Weltkrieg mit Deutschland verbündet hat. Ideologisch gab es da durchaus Überschneidungen…

Deine
Marina
(DarkFairy)

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