Mein Senf zu: Dramaqueen (Buch)
Sei gegrüßt.
Wir sind im Laden ja mehrere, die Bücher fürs Lager einkaufen. Da passiert es also häufig, dass ich beim Einsortieren Bücher entdecke, die mir noch gar nix sagen.
So ging es mir mit „Dramaqueen“ auch. Ich hab’s ins Regal geräumt und erstmal gedacht, dass das für mich überhaupt nicht interessant ist. Ich dachte, es sein mal wieder „so ein typischer Frauen-Ratgeber“, womit das Problem schon anfängt…
Allgemeine Infos
Titel | Dramaqueen: Frauen zwischen Beurteilung und Verurteilung |
Autor*in | Tara-Louise Wittwer |
Übersetzer*in | – |
Verlag | Eden Books – ein Verlag der Edel Verlagsgruppe |
ISBN | 978-3-95910-380-0 |
Seiten | 224 |
Erscheinungsdatum | 11.10.2022 |
Preis | 17,95 € |
Stand: 08.02.23; 10:04 Uhr
Mein Senf
„Das Cover, der Titel, jap. Absolut nichts für mich. Ist bestimmt irgend so ein Ratgeber über Gefühle oder vielleicht auch was autobiographisches über die Autorin, die ich nicht kenne.“ Das waren meine Gedanken beim ersten Anschauen des Buches. Jaja, ich weiß schon: Don’t judge a book by its cover. Aber seien wir doch mal ehrlich: Das machen wir doch fast alle, oder?
Jedenfalls las ich dann aber den Untertitel „Frauen zwischen Beurteilung und Verurteilung“ und wurde plötzlich still. Sofort musste ich den Klappentext lesen. Internalisierte Misogynie?! Oh ha! Das Buch muss ich doch ganz unbedingt lesen!
„Internala Misopaste? Was’n das?“ Egal ob du dir das denkst oder auch schon weißt, was es damit auf sich hat, das Buch lohnt sich in beiden Fällen.
Ich selbst hörte das erste Mal von internalisierter Misogynie – also verinnerlichtem Frauenhass – als ich das Buch „Frauenschulden dir gar nichts“ von Florence Given las. Dass davon eben nicht nur Männer, sondern auch Frauen betroffen sind und dass diese Misogynie in fast jedem steckt – bzw. steckte -, das wusste ich also schon. Aber genau deswegen war bzw. ist das Thema so interessant für mich.
Auch Tara-Louise Wittwer berichtet – ähnlich wie Florence Given in ihrem Buch – sehr persönlich und autobiographisch gefärbt (immerhin lag ich mit der Vermutung nicht komplett daneben) von ihren Erfahrungen mit internalisierter Misogynie.
Aber sie bleibt nicht beim persönlichen Erfahrungsschatz. Sie geht auf Artikel und Studien ein und unterfüttert somit alles mit Fakten. Am Ende des Buches versammelt sie immerhin siebeneinhalb Seiten mit Quellenangaben. Gerade bei einer solchen Thematik finde ich das wichtig, denn die Leser*innen wollen ja vermutlich eher nicht wahrhaben, wie tief Frauenhass in ihnen und unserer patriarchalischen Gesellschaft verankert sind. Ging mir genauso.
Das Buch zu lesen tat weh. Ich wollte mir wirklich nicht eingestehen, wie tief die Gesellschaft diese Misogynie in mich eingepflanzt hat. Aber nur, wenn man Probleme benennt und darüber spricht, kann man auch daran arbeiten. Ich habe für mich bereits nach „Frauen schulden dir gar nichts“ damit begonnen, aber so richtig nach vorne schubst mich nun Tara.
Die Autorin ist im selben Jahr geboren wie ich, ich konnte also all ihre popkulturellen Anspielungen und Kindheitserfahrungen sehr gut nachvollziehen. Außerdem folge ich ihr seit etwa der Hälfte des Buches auch auf Instagram (@wastarasagt) und bekomme damit laufen neuen Input.
Tara schreibt in ihrem Buch in kurzen Kapiteln, über verschiedene Aspekte der internalisieren Misogynie. Woher diese kommt (zumindest ein Stück weit), wie sie sich äußert und wie sie von unserer Gesellschaft weiter gehegt und gepflegt wird. Sie schreibt über problematische Verhaltensmuster – sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Sie schreibt im generischen Femininum und meint die Männer einfach mit.
Vor allem aber schreibt sie über Situationen und Strukturen, die eigentlich zum Heulen sind. Sie schreibt aber so, dass man doch irgendwie (verzweifelt) darüber lachen kann. Sie hat einen unfassbar lockeren, humorhaften Stil, der aber niemals den nötigen Ernst an der Sache vermissen lässt. Wer allerdings Schwierigkeiten mit Ironie und/oder Sarkasmus hat, könnte an der ein oder anderen Stelle über ihren Schreibstil stolpern.
Mir hat „Dramaqueen“ ein Stück weit die Augen geöffnet. Es hilft mir sehr, an mir zu arbeiten und gewisse Strukturen besser zu verstehen.
In meinen Augen sollte jeder – und ich meine wirklich jeder – das Buch lesen. Das wird nicht passieren, aber es würde sicher helfen etwas in der Gesellschaft zu bewegen.
Aber wenn nur einige (viele, ist immerhin Spiegelbestseller) das lesen und/oder Tara auf Instagram folgen (immerhin auch über 226.000 Menschen) und das Ganze dann nach außen tragen, könnte vielleicht auch schon etwas passieren.
Vielen, vielen Dank Tara für dein krass gutes, Augen öffnendes, wütend machendes und unterhaltendes Buch!
Deine
Marina
(DarkFairy)