Mein Senf zu: Wie du mich siehst

Sei gegrüßt.

Ich lese im Moment gar nicht so viel ehrlich gesagt und wenn, dann sind es Jugendbücher. Da habe ich einfach Lust drauf, die machen mir im Moment am meisten Spaß.
Außerdem bin ich für diese Abteilung in der Buchhandlung zuständig – und es gibt eben viele Jugendbücher zu Themen wie Rassismus und Homosexualität, und das möchte ich gerade einfach lesen. Meine Themenschwerpunkt für den Blog kommen ja auch nicht von ungefähr: Es sind einfach Themen, die mich besonders beschäftigen.

Jedenfalls stolperte ich bei der Recherche, was es in dem Bereich noch so für Jugendbücher gibt über „Wie du mich siehst“. Zwar geht es hier nicht um Rassismus, aber es geht um die Ausgrenzung und das Mobbing von Menschen mit einer anderen Religion. In diesem Fall geht es um genau zu sein um Islamophobie. Aber dazu unten mehr…

Allgemeine Infos

KlappentextEckdaten
Cover des Buches "Wie du mich siehst" von Tahereh MafiEine Kleinstadt in den USA: Shirins Alltag ist zum Albtraum geworden. Sie hat genug von den unverschämten Blicken, den erniedrigenden Kommentaren und den physischen Attacken, die sie ertragen muss, weil sie Muslima ist. Sie flüchtet sich ins Musikhören und in das Breakdance-Training mit ihrem Bruder und dessen Freunden. Shirin hat beschlossen, niemandem mehr zu trauen. Bis sie an ihrer neuen High School den Jungen Ocean trifft. Er ist der erste Mensch seit langem, der Shirin wirklich kennenlernen möchte. Erschrocken weist Shirin ihn harsch zurück. Ocean ist für sie aus einer Welt, aus der ihr bisher nur Hass und Ablehnung entgegenschlugen. Aber dann kommt alles anders…
Titel  Wie du mich siehst
Autor*in  Tahereh Mafi
Verlag  FISCHER Sauerländer
ISBN  978-3-7373-5696-1
Seiten  349
Erscheinungsdatum  27.11.2019
Preis  16,- € (Hardcover)

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Auch als Taschenbuch (ISBN 978-3-7335-0588-2) für 10,- € erhältlich.

Stand: 19.12.21

Mein Senf

Im Prinzip setzt sich die Geschichte aus zwei Schwerpunkten zusammen: Einmal eine ein bisschen klischeehafte Liebesgeschichte zwischen Teenagern und einmal die Geschichte eines von Islamophobie betroffenen Mädchens. Klar, die Schwerpunkte beeinflussen sich gegenseitig, aber zumindest die Liebesgeschichte könnte auch einfach eine Freundschaft sein, dann würde der zweite Part trotzdem funktionieren.

Zu Beginn hielt ich – ich bin ja ehrlich – die Anfeindungen gegenüber Shirin für übertrieben. ich konnte mir nicht vorstellen, dass es das in dem krassen Maße wirklich geben soll. Ich meine… Eine ganze Schule?!
Während des Lesens habe ich aber immer mehr darüber nachgedacht und habe auch mal die kurz Biographie der Autorin gelesen. So kam ich zu dem Schluss, dass es vermutlich leider (!!!) doch nicht so weit her geholt ist. Ich denke, dass besonders in den USA die Islamophobie nach 9/11 noch wesentlich größer und weiter verbreitet war als hier in Europa. Angst macht leider fiese Menschen aus uns und setzt den gesunden Menschenverstand aus.

„Vielleicht solltest du dir noch mal überlegen, ob das wirklich sein muss…“ Er zeigte vage auf mein Tuch. „Ich meine, wenn du so rumläufst…“ Er schüttelte den Kopf. Lachte leise. “ Naja, entschuldige, aber damit forderst du es natürlich geradezu heraus. Mach dich nicht selbst zur Zielscheibe“, sagte er und seufzte.

– S. 206 f.

Ich finde es wichtig, es wirklich immens wichtig, dass diese kleine Szene im Buch vorkommt. Der Sprecher hier ist Polizist und das was er da tut ist Victim blaming wie aus dem Lehrbuch.
Es ist nicht die Schuld von Muslima, wenn sie wegen ihres Kopftuchs angefeindet oder sogar angegriffen werden.
Genauso wenig, wie eine Frau wohl kaum durch ihre Kleiderwahl schuld an ihrer Vergewaltigung hat btw..
Schuld sind nicht die Opfer. Schuld sind immer die empathie- und gewissenlosen Idioten und Arschlöcher, die zu Tätern werden.
Es ist einfach so wichtig in einem fiktiven Rahmen zu sehen, zu lernen und hoffentlich zu begreifen, was es für die Opfer bedeutet, wenn sie angegriffen werden einfach nur weil sie sie sind. Ich denke, so etwas kann Empathie schulen.

Dass Empathie aber leider in unserer Gesellschaft viel zu oft Mangelware zu sein scheint, zeigt ein weiteres Zitat:

Ich meine, klar… ich war froh nicht, dass ich nicht mehr Windelkopf genannt wurde, aber dieser übergangslose Wechsel von Ablehnung zu Bewunderung war zu viel für mich. Verwirrte mich. Dachten die Leute ernsthaft, ich würde so schnell vergessen, dass sie mich noch vor einem Monat wie ein Stück Dreck behandelt hatten?

– S. 324

Ja, das denken die Leute in solchen Fällen, denn die Leute haben es mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich vergessen.

Mir hat „Wie du mich siehst“ gut gefallen. Für mich hätte es die Lovestory nicht geben müssen, eine aufrichtige Freundschaft hätte mir, glaube ich, besser gefallen, aber für den Rest war es großartig.
Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, welche Vorurteile Kopftuch tragenden Frauen und Mädchen begegnen. Ich habe mich selbst reflektiert und weiß nun für mich, worauf ich in Zukunft noch mehr achten muss, wo ich Widersprechen muss, wenn mal wieder doofe Kommentare vor Bekannten oder so komme – jeder kennt diese Situationen, oder? Ich denke, das ist ein Erfolg für die Geschichte.

Deine
Marina
(DarkFairy)

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