Mein Senf zu: Lilys Engelskostüm hat kaputte Flügel
Sei gegrüßt.
Hin und wieder bekomme ich Rezensionsanfragen von Selfpublishern, die meinen mit ihrem Buch meinen Literaturgeschmack zu treffen. Sehr oft liegen sie dabei allerdings meilenweit daneben – so weit, dass ich mich fragen muss, ob sie wirklich jemals mehr von meinem Blog gesehen haben, als das Impressum.
Im Juni bekam ich aber eine Anfrage, das passte. Das Buch klang wirklich interessant. Es zog noch etwas Zeit ins Land, bevor ich es dann tatsächlich anfragte, aber heute kann ich dir die Rezension zu diesem Buch präsentieren.
An dieser Stelle vielen lieben Dank für das Rezensionsexemplar an den die Autorin Hanna-Linn Hava und tredition.
Die Rezension gibt meine ehrliche Meinung wieder.
Allgemeine Infos
Aber Lily ist kein normales Mädchen. Und ihre Geschichte ist keine gewöhnliche Geschichte.
Eindringlich lässt Hanna-Linn Hava die 16-jährige Lily zu Wort kommen, die das Asperger Syndrom hat, ohne davon zu wissen, und eröffnet dabei nicht nur einen faszinierenden Blick in eine andersartige Seele, sondern hält auch der Gesellschaft erfrischend unmoralisch einen gnadenlosen Spiegel vor.
Mein Senf
Die Geschichte war insgesamt schon recht düster, was bei der Thematik aber nicht wirklich überraschend, sondern eher passend ist. Mir gefiel der Stil aber wirklich richtig gut.
Bei Lily handelt es sich um eine klassische Ich-Erzählerin, die nachvollziehbar – wenn auch mit vielen Gedankensprüngen, die aber für mich alle völlig logisch waren – ihre Geschichte erzählt. Ich mochte ihre Art und Weise zu denken und zu sprechen. Das Ganze hatte etwas… cooles, taffes.
Dass Lily aber gar nicht so taff ist, wie sie zunächst wirkt, wird schnell deutlich. Sie ist ein verletzliches, einsames Mädchen, dem soziale Interaktionen ein Buch mit sieben Siegeln sind. Auch ohne den Hinweis im Klappentext hätte für mich sehr schnell der Verdacht „Autismus“ im Raum gestanden. Ihre Probleme sind alle nachvollziehbar und verständlich geschildert.
Ich befürchte, dass diese Geschichte nicht so weit weg ist von der Realität – also nicht nur die Schilderung Lilys, sondern auch ihr „medizinisch-therapeutischer Leidensweg“ – und das tut mir in der Seele weh. Ich mag Lily wirklich, ich wünschte sie hätte es leichter gehabt.
Während des Lesens bekam ich etwas Angst vorm Ende, bahnte sich da doch eine nahezu shakespearereske Tragödie an.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet, halte ich das Ende für äußerst gelungen.
Jetzt noch einen Punkt, der mir bei Selfpublishern wichtig ist (und auf den ich bei meinem eigenen Buch auch viel Wert gelegt habe): Wie sieht das Buch aus? Da es wirklich furchtbare Selfpublisher-Bücher gibt, ist das für mich ein wichtiges Kriterium.
„Lilys Engelskostüm hat kaputte Flügel“ konnte meinen Ansprüchen genügen ;-) Also zumindest soweit ich es beurteilen kann. Ich habe nämlich das E-Book gelesen und nicht die Printausgabe. Aber die habe ich mir zumindest über die Leseprobe angeschaut. Dort sah ich einen vernünftigen Satz und eine gut lesbare Serifenschrift. Das E-Book ist gut gemacht, Kapitelmarken sind drin und der Satz funktioniert auch hier. Also: Gut so.
Wer also mal eine etwas krassere Geschichte zum Thema Autismus bzw. autistische Hauptfigur lesen möchte als sowas wie „Lost in Fuseta“ oder „Das Rosie-Projekt“, dem sei Lily ans Herz gelegt. Lily ist knallhart, taff und unerbittlich ehrlich. Aber sie ist dennoch wie jeder von uns.
Deine
Marina
(DarkFairy)