Montagsfrage: Schreiben außerhalb eigener Erfahrungen?
Sei gegrüßt.
Ich will gar nicht lange vorweg erzählen. In zwanzig Minuten muss ich aus dem Haus (und dann schon wirklich fluchtartig, also eher in einer Viertelstunde) und mich auf den Weg zur Arbeit machen. Daher jetzt direkt die Montagsfrage.
Heute fragt Antonia von Lauter & Leise folgendes:
Kann ein Autor über etwas außerhalb der eigenen Erfahrung schreiben? (Und muss er es sogar?)
Ja! Auf jeden Fall!
Es gibt ganze Genres, die andernfalls (hoffentlich ^^‘) wegfallen würden. Krimis zum Beispiel. Mal die Handvoll Polizisten, Pathologen und Forensiker ausgenommen, die in diesem Genre tätig sind, hoffe ich, dass die Mehrzahl der AutorInnen im Krimi-Genre nicht viel Erfahrung mit den Thematiken haben, über die sie schreiben.
Oder gibt es irgendwo versteckt ein Krematorium, dass nur für die Literaturbranche arbeitet?! (Ja liebe Antonia, auch ich kann Verschwörungstheorien ;) )
Was ein Autor/eine Autorin aber zweifelsohne braucht, sind der Wille zu sorgfältiger Recherche, Fantasie und Empathie.
Außerdem gibt es immer noch etwas, das kleine Fehler verzeiht: Nennt sich „Dichterische Freiheit“. Natürlich soll ein Roman schlüssig und glaubwürdig sein, aber wenn z.B. ein Depressiver Mensch in einem Roman etwas tut, was in Realität vielleicht doch etwas ungewöhnlich wäre, ist das – für mich jedenfalls – völlig in Ordnung, wenn damit der Geschichte gedient ist.
Ich behaupte mal, dass die meisten AutorenInnen der Belletristik ein total normales, fast schon langweilig gewöhnliches Leben führen. Nicht überall wilde Affären, blutige Morde und schwere Schicksalsschläge. Klar, wird auch mal ein/e AutorIn von so etwas betroffen sein, aber es ist nicht die Regel.
Würden AutorInnen nun nur über Dinge schreiben, mit denen sie selbst – wenn auch nur im entfernten Sinne – Erfahrungen haben, wird die Literaturlandschaft plötzlich ganz schön ausgedünnt und langweilig.
Wer Tatsachen- und Erfahrungsberichte lesen will, soll genau die lesen und keine Romane. Romane sind Kunst und Kunst darf fast alles.
Deine
Marina
(DarkFairy)
Huhu,
ich war ja fest überzeugt, bei dir heute eine Anspielung auf die High Fantasy vorzufinden. :D
Meiner Meinung nach kann man den Wert von Empathie gar nicht genug betonen. Ich glaube, Empathie ist das Rückgrat jeder Erzählung: die Fähigkeit, Gefühle nachvollziehbar zu vermitteln ist wichtiger als alle Details, weil wir fühlen wollen, wenn wir lesen. Das heißt nicht, dass zum Beispiel einnehmende Charaktere und ein glaubwürdiges Setting nicht auch wichtig wären, aber ob uns eine Geschichte erreicht, ist eine Frage der Empathie. Darum bin ich fest überzeugt, dass Autor_innen fern ihrer eigenen Erfahrungen schreiben können, dürfen und müssen, solange es ihnen gelingt, ihre Leser_innen emotional zu berühren.
Montagsfrage auf dem wortmagieblog
Liebe Grüße,
Elli
Sei gegrüßt Elli.
Tatsächlich kam mir auch als erstes High Fantasy in den Sinn ;)
Aber das war dann doch zu offensichtlich, v.a. weil ich ja auch der Meinung bin, das man in der Fantasy eben sehr gut eigene Werte etc. transportieren kann. Man kann sie aber genauso gut hinter Elfen und Zwergen verstecken, sodass es nicht so auffällt :D
Ja, Empathie ist der Schlüssel. Denke ich auch.
Liebe Grüße
Marina