Mein Senf zu: Vox
Sei gegrüßt.
Ich liebe es, wenn ich auf Flohmärkten o.ä. über Bücher stolpere, von denen ich zwar immer mal wieder irgendwo gehört habe, die mich aber bisher nie so sehr interessiert hatten, dass ich sie mir kaufe. Spontan an einem Stand entdeckt und für ein, zwei Euro zu haben, ist es aber dann ihre Chance in mein Regal einzuziehen. Genau so war es bei „Vox“. Ich habe es entdeckt und hatte schon öfter davon gehört. Außerdem dachte ich, dass es thematisch sehr gut zu meinem Blog (und somit zu meinen Interessen) passen könnte. Ich meine: Ein feministisch-dystopischer Thriller? Aber bitte doch!
Es durfte also mit und wurde auch recht schnell dann vom befreit. Ich war einfach zu gespannt…
Allgemeine Infos
Das ist der Anfang. Schon bald kann Jean ihren Beruf als Wissenschaftlerin nicht länger ausüben. Schon bald wird ihrer Tochter Sonia in der Schule nicht länger Lesen und Schreiben beigebracht. Sie und alle Mädchen und Frauen werden ihres Stimmrechts, ihres Lebensmuts, ihrer Träume beraubt.
Aber das ist nicht das Ende. Für Sonia und alle entmündigten Frauen will Jean sich ihre Stimme zurückerkämpfen.
Titel | Vox |
Autor*in | Christina Dalcher |
Übersetzer*in | Susanne Aeckerle, Marion Balkenhol |
Verlag | FISCHER Taschenbuch (S.Fischer Verlage) |
ISBN | 978-3-596-70451-4 |
Seiten | 400 |
Erscheinungsdatum | 25.09.2019 |
Preis | 12,- € |
Stand: 08.12.2022, 8:49 Uhr
Mein Senf
Das Buch fing auch direkt super stark an. Es startet „mittendrin“, also keine lange Hinführung zu diesem dystopischen Amerika, wir starten direkt mit Wortzählern ausgestattet. Wie es dazu kam, klärt sich nach und nach durch kurze Erinnerungen der Protagonistin und Erzählerin. Private Schwierigkeiten (z.B. in ihrer Ehe oder mit den Kindern) der Protagonistin Jean fand ich zu Beginn ein wenig nervig, wenn ich ehrlich bin, aber ich muss eingestehen, dass es immens zur Realitätsnähe beigetragen hat. Es fühlte sich einfach echter an – was schon irgendwie gruselig ist, bei einer Dystopie.
Generell schien mir das alles nicht so weit hergeholt. Wenn sich aktuelle Tendenzen zu stark und zu sehr in die falsche Richtung entwickeln, könnte sowas vielleicht passieren. Wie sehr die Welt eingreifen würde und wie viel sie zuschauen würde, merkt man ja doch aktuell bei dem ein oder anderen Thema…
„Vox“ hatte mich also in seinen Fängen und ich war mega gespannt wie sich alles entwickelt. Tja. Langsam. Es entwickelt sich langsam. Wenn ein Buch nur 400 Seiten hat, sollte man nicht erst bei Seite 300 mit der konkreten Entwicklung und Durchführung des finalen Plans beginnen. Wird in der Regel dann irgendwie… naja… übereilt, gehetzt, erzwungen. So auch hier.
Zwar wurde der Plan schon früher angedeutet, aber da legte die Autorin dann doch lieber den Fokus auf die Lebenskrisen einer Frau mittleren Alters. Wenn ich nur daran denke, rolle ich noch mit den Augen. Mich interessiert sowas einfach (vielleicht noch) nicht.
Dafür kann der Roman mit ein paar überraschenden Wendungen punkten. Ja, das Ende ich ziemlich vorhersehbar, aber was soll man auch erwarten, wenn der erste Satz des Buches der folgende ist:
Wenn mir jemand erzählt hätte, ich könnte den Präsidenten, die Bewegung der Reinen und diesen unfähigen kleinen Scheißkerl Morgan LeBron innerhalb einer Woche zu Fall bringen, hätte ich ihm nicht geglaubt.
– S. 7, Christina Dalcher: Vox, Taschenbuchausgabe, S. Fischer Verlage
Aber wie gesagt, dafür gab es zwischendurch ein paar absolut unerwartete – zumindest von mir unerwartet – Überraschungen.
Leider auch eine, bei der ich wieder eher denke, das hätte nicht sein müssen. Ich will hier nicht spoilern, daher nur so viel: Das mit dem Schimpansen hätte man doch sicher auch anders machen können, oder? Unnötig und v.a. bin ich mir wirklich nicht sicher, wie realistisch das Verhalten ist…
Generell sind die Aspekte bezüglich Forschung, Biologie und Chemie irgendwie… hmm. Ich müsste mich jetzt eindeutig mehr mit – beschäftigen, um wirklich beurteilen zu können, wie realistisch das Medikament ist, um das es geht, aber… Entschuldigung? Welches Medikament wirkt bitte innerhalb von Sekunden?
Und dann bleibt da noch die Frage zu klären: Ist das ganze denn wirklich ein so feministisch-dystopischer Thriller? Also dystopisch ist der Roman ohne Frage. Thriller? Ich denke das kann man, trotz langweiligerer Passagen zwischendurch auch noch gelten lassen. Aber feministisch? Uff. Schwierig. Vielleicht schon irgendwie, aber nicht so, dass man es so „feiern“ müsste.
Alles in allem, gefällt mit die Idee dieser Dystopie nach wie vor richtig gut. Leider kann ich das über die Umsetzung nicht sagen. Ja, der Roman hat seine rasanten, krassen Dystopie-Momente, aber dann kommen so nervige Beziehungsdramen- und Midlife-Crisis-Einschübe. Trotzdem hatte ich das Buch eigentlich ganz gerne gelesen. Aber ab Seite 300 ging es kontinuierlich bergab. Das überstürzte, aufgesetzt und erzwungen wirkende Ende hat es für mich wirklich versaut.
Deine
Marina
(DarkFairy)