Die drei ??? und ihre Probleme – Teil 2
Sei gegrüßt.
Nachdem ich dir letzte Woche dargelegt habe, wie es überhaupt zu meiner intensiven Beschäftigung mit den drei ??? kam und dann auf die Sache mit den Frauen eingegangen bin, möchte ich nun einfach nahtlos weitermachen.
Die drei ??? und Klischees, Stereotypen und Vorurteile
Kennst du die beiden Figuren Hans und Konrad Schmid, zwei Bayern, die in Rocky Beach Arbeit gefunden haben? Nein? Doch du kennst die beiden bestimmt…
Hans und Konrad kommen so „nur“ im amerikanischen Original vor. In der deutschen Übersetzung wurden aus den beiden die irischen Brüder Patrick und Kenneth O’Ryan, die in den älteren Folgen für Onkel Titus arbeiten. Da stellt sich mir doch die Frage, warum aus zwei Bayern beim Übersetzen zwei Iren wurden. Vielleicht weil sich deutsche Stereotypen in Deutschland schlecht verkaufen, hm? Schon witzig, dass wir immer so empfindlich reagieren, wenn andere Nationalitäten uns auf Lederhosen, Bier und Sauerkraut reduzieren, aber dann immer exakt das gleiche mit ihnen tun.
So sind Patrick und Kenneth rothaarige Muskelprotze, für die „mehr als körperliche Arbeit aber nicht drin [ist]“ (vgl. 1. Buch in den Quellen, Kapitel „Telefonlawine: Freunde und Verbündete – Patrick & Kenneth O’Ryan“). Sie trinken gerne Bier, glauben an Wesen wie Kobolde und haben eine sehr innige Beziehung zu ihrer Familie. Und ja, alles gilt immer für beide. Sie sind untereinander absolut austauschbar, eben weil sie nicht mehr sind als eine Ansammlung von Stereotypen.
Und es bleibt ja nicht bei den beiden, es wird sogar noch schlimmer.
Besonders in älteren Fällen, wie zum Beispiel „Die drei Fragezeichen und der grüne Geist“ (aus dem Jahr 1979) wie ordentlich die Klischee-Keule – bis hin zu Rassismus – geschwungen. (Diesmal beziehe ich mich nur auf das Hörspiel, da ich das Buch dazu nicht kenne.) Da taucht „ein exotisch aussehender Junge“ (das sagt der Erzähler wortwörtlich so) auf, der aus China stammt und – guess what – Chang heißt. Ich meine, hat er zwei Brüder namens Ching und Chong? Die Haushälterin – ebenfalls wohl chinesisch-stämmig – spricht konsequent jedes R als L, mal abgesehen von ihren grundsätzlich als desolat dargestellten Sprachkenntnissen.
Mit der Zeit wurde es immerhin besser. In der Folge „Die drei Fragezeichen und der Schatz der Mönche“ etwa (2003) tauchen auch mehrere Asiaten auf. Lama Geshe und sein Gefolge sind zumindest allesamt dazu in der Lage ein L zu sprechen. Man hört, dass sie nicht in ihrer Muttersprache sprechen, aber das ist auch okay, finde ich. Ihre Sprechweise ist aber nicht so extrem überzogen und karikiert.
Eine Möglichkeit mit diesen alten Folgen umzugehen, wäre ein Disclaimer, der das Ganze eben zeitlich und v.a. gesellschaftlich einordnet. Immerhin hören auch viele Kinder die drei Fragezeichen, die das mitunter noch nicht selbst einordnen können.
So geschehen ist es z.B. bei Folge 6 „Die drei ??? und der sprechende Totenkopf“. Dort wird vorab erklärt, dass das Hörspiel aus einer anderen Zeit stammt, in der Diskriminierung zu wenig hinterfragt wurde. Es wird empfohlen sich mit dem Thema zu beschäftigen und eine Website von Europa genannt, wo es mehr Infos dazu gibt. Na bitte, geht doch.
In der Folge fällt nämlich z.B. Tante Matilda durch antiziganistische Aussagen auf – nachdem was ich in „Die Welt der Drei Fragezeichen“ darüber las, erwartete ich aber noch Schlimmeres, was in mir den Verdacht weckt, dass die Folge doch nicht so ganz im Ursprungszustand geblieben ist, wie im Disclaimer angekündigt. Vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet, aber ich hatte beim Hören den Eindruck, da sei ein Schnitt gewesen…
Außerdem wird ständig das Z-Wort genutzt. Laut dreifragezeichen.fandom.com wurde das Z-Wort „in neueren Ausgaben zu Sinti und Roma geändert“[1], im Hörspiel ist das Wort aber geblieben – dafür aber eben mit Disclaimer.
Aber auch sonst, werden Klischees und Vorurteile gerne gefüttert. Da wäre auch das Thema Bodyshaming zu nennen. Justus wird nicht nur oft von Peter und Bob wegen seines Gewichts aufgezogen und geärgert, sondern auch von anderen beleidigt und darauf reduziert. Fettklops, Dickerchen oder Fettwanst sind beliebte Beschreibungen für den ersten Detektiv. Ich frage mich, was das wohl mit Hörer*innen macht, die selbst etwas beleibter sind. Wenn Gegenspieler sowas sagen ist das die eine Sache, aber Freunde?
Betrachtet man diese vielfältigen Vorurteile und Stereotypen, ist es schon fast überraschend, dass es eine augenscheinliche trans* Figur in der Serie gibt. Sie taucht zwar nur in zwei Folgen auf, aber das ist ja schon doppelt so oft, wie viele andere Nebenfiguren. Die Rede ist natürlich von Monique Carrera – die ich übrigens immer sehr mochte.
Und wenn ich jetzt schon die ganze Zeit von Stereotypen spreche, muss ich noch einmal ganz kurz auf die Frauen zurückkommen. Ja, die Frauenrollen in den Drei ??? sind oft sehr stereotypisch und klischeehaft, aber darauf wollte ich jetzt gar nicht hinaus. Es geht er um den „erweiterten Dunstkreist“, wie ich es mal nennen möchte, der Serie. Ich zitiere dafür aus die Welt der Drei Fragezeichen (s.u. Buch 1):
Das Thema Liebe spielt bei den drei ??? tatsächlich grundsätzlich keine Rolle (mehr). »Wer eine Mischung aus Krimi, Alltag und Liebe möchte«, solle besser bei Die drei !!! zugreifen, empfiehlt Kari Erlhoff.
– 1. Buch in den Quellen, Kapitel „Auch das noch: Die Freundinnen – Jeffrey Palmer und die Frage nach der Homosexualität“, letzter Absatz des Kapitels
Aha. Klar, weil Liebe ist ja auch eher so ein Mädchenthema. Genau wie die ganze Reihe Die drei !!! eindeutig ein weibliches Publikum ansprechen soll. Die Fälle tragen – von einigen Ausnahmen abgesehen – Titel mit Küssen, Influencer*innen, Liebestränken und Tieren (und ja, da gehören auch Einhörner dazu).
Tu mir einen Gefallen: Vergleiche einfach mal die Cover der beiden Serien Die Drei ??? und Die Drei !!! miteinander. Ich sag mal so: Die Rosa-Hellblau-Falle hat nicht zwangsläufig was mit den beiden namensgebenden Farben zu tun…
Ich verstehe, warum man sich Klischees und Stereotypen bedient. In der Kürze eines Hörspiels, das ja außerdem nur über auditive Reize funktioniert, helfen Stereotype und Klischees dabei Figuren darzustellen. Das Ganze ist aber eben auch gefährlich: Es birgt die Gefahr in Diskriminierung und Rassismus abzurutschen, Menschen zu verletzen oder im besten Falle einfach nur platt und langweilig zu werden.
Warum also das Risiko eingehen? Es gibt viele Figuren in Hörspielen – auch bei den Drei Fragezeichen – die trotz der Kürze und der eingeschränkten Möglichkeiten toll und individuell dargestellt werden. Ist doch auch viel interessanter als nur Klischees zu bedienen. Und, dass es besser ist keine Vorurteile zu verstärken, muss ich wohl nicht noch mal extra ausführen, oder?
Deine
Marina
(DarkFairy)
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Quellen:
Bild
- https://pixabay.com/de/ von Nutzer PublicDomainPictures (Stand: 26.02.23, 18:13 Uhr)
Online
Allgemein
- https://de.wikipedia.org/wiki/Die_drei_%3F%3F%3F (Stand: 17.03.23, 10:24 Uhr)
- https://www.diedreiausrufezeichen.de/produkte/lesen/ (Stand: 17.03.23, 11:00 Uhr)
- https://www.dreifragezeichen.de/produktwelt/buecher (Stand: 17.03.23, 10:58 Uhr)
Speziell
- [1] https://diedreifragezeichen.fandom.com/wiki/Der_sprechende_Totenkopf#Trivia (Stand: 17.03.23, 10:12 Uhr)
Bücher (da ich die eBooks gelesen habe, kann ich keine genauen Seitenangaben machen)
- Rodenwald, C.R.: Die Welt der Drei Fragezeichen – Hintergründe, Fakten und Kuriositäten aus 50 Jahren; Riva Verlag ; 1. Auflage 2017
- Boße, André: Die drei ???. 100 Seiten; Reclam Verlag; 1. Auflage 2022
- Henkel-Waidhofer, Brigitte: Die drei ???, Dreckiger Deal; Kosmos Verlag; Erscheinungstermin eBook 01.04.2012; Erstauflage des Buches erschien 1996
- Vollenbruch, Astrid: Die drei ???, Schatten über Hollywood; Kosmos Verlag; Erscheinungstermin eBook 08.10.2011; Erstauflage des Buches erschien 2006
Hörspiele
- Folge 6, Die drei ??? und der sprechende Totenkopf, Europa, 1979
- Folge 8, Die drei ??? und der grüne Geist, Europa, 1979
- Folge 72, Die drei ???, Dreckiger Deal, Europa, 1996
- Folge 107, Die drei ??? und der Schatz der Mönche, Europa, 2003
- Folge 128, Die drei ???, Schatten über Hollywood, Europa, 2009