Mein Senf zu: The Prom (Film)

Sei gegrüßt.

Nachdem ich kürzlich das Buch „The Prom“ gelesen habe, dachte ich es wird auch mal Zeit den seit Ewigkeiten auf meiner Watchlist wartenden, gleichnamigen Film zu schauen.
Sagen wir mal so: Ich bin froh, dass ich zu erst das Buch gelesen habe, da hätte ich sonst vermutlich keine Lust mehr drauf…
Was mir übrigens nicht klar war – ja, ich hätte drauf kommen können – dass das ein Musical-Film ist.

HandlungDatenBesetzung
Vier Broadway-Schauspieler*innen stehen vor den Trümmern ihrer Karieren und versuchen durch ein „Charity-Projekt“ wieder gute Publicity zu bekommen. Ihre Wahl fällt dabei auf Emma, deren Abschlussball abgesagt wurde, da sie als lesbische Schülerin daran nicht teilnehmen darf. Die Vier eilen vom Broadway nach Edgewater im tiefsten Indiana, um gegen dieses Unrecht zu kämpfen – und dabei gut dar zu stehen.
Originaltitel  The Prom
Anbieter  Netflix (Stand: 18.08.22)
Produktionsland  USA
Erscheinungsjahr  2020
Spieldauer  131 Minuten
Genre  Musical > High-School-Drama > LGBTQ
FSK  ab 6 Jahren
Idee  nach dem Broadway-Musical von Matthew Sklar und Chad Beguelin
Drehbuch  Matthew Sklar und Chad Beguelin
Regie  Ryan Murphy
Figur(en) Schauspieler*in Synchronsprecher*in
 Dee Dee Allen  Meryl Streep  Dagmar Dempe
 Angie Dickinson  Nicole Kidman  Petra Barthel
 Barry Glickman  James Corden  Tobias Müller
 Trent Oliver  Andrew Rannells  Marcel Collé
 Schuldirektor Hawkins  Keegan-Michael Key  Sascha Rotermund
 Emma Nolan  Jo Ellen Pellman  Lydia Morgenstern
 Alyssa Greene  Ariana DeBose  Celina Gaschina

Es gibt noch weitere Rollen.

Trailer

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Mein Senf

Als erstes müssen wir dringend darüber reden, dass ich – wie mir scheint – einen anderen Film gesehen habe, als der Trailer hier bewirbt. Und ich habe ganz definitiv einen anderen Film gesehen, als der, den Netflix in seiner Inhaltsangabe vorstellt:

Vom Glück verlassene Broadway-Stars unterstützen eine lesbische Schülerin bei deren Coming-out, was im konservativen Indiana für jede Menge Aufsehen sorgt.

– Inhaltsangabe zu „The Prom“ auf Netflix (Stand: 18.08.22, 16:36 Uhr)

Den Film den ich gesehen habe, den habe ich oben unter dem Reiter „Handlung“ zusammengefasst.
Und das kuriose ist: Keiner der drei Filme hat die gleiche Handlung wie das Buch. Am ehesten noch der im Trailer. Mir ist natürlich klar, dass man ein Buch nicht eins zu eins verfilmen muss und dass man Film und Buch als eigenständige Werke betrachten sollte, aber… naja… da gibt es ein Broadwaymusical (2016 uraufgeführt, 2018 zum Broadway gekommen), wozu dann ein Buch geschrieben wird (englische Originalausgabe am 10.09.19 erschienen) und welches dann noch als Film adaptiert wird (Drehstart Dezember 2019, Veröffentlichung Dezember 2020). Man sollte doch davon ausgehen können, dass die Handlung zumindest etwa gleich bleibt. Oder die Figuren.
Aber jetzt mal zum Film, um den soll es hier ja gehen. Ich habe so viele Fragen…

Also erstmal: Es soll doch um eine lesbische Schülerin gehen, die gerne mit ihrer Freundin zum Prom möchte, dies aber nicht darf, richtig? Wieso sehe ich dann 15 Sekunden (ja ich habe die Zeit gestoppt) besagte Schülerin, ohne überhaupt zu raffen, wer das ist oder was da gerade passiert – der Film fängt mittendrin an, also wirklich beim Buch ist das etwa in der Hälfte… – und werde dann einfach zum Broadway geworfen, um die Schülerin erst rund 13 Minuten später wiederzusehen?! Knapp eine Viertelstunde vergeht, bevor man die (eigentliche, dazu gleich mehr) Hautfigur des Films überhaupt wirklich kennenlernt. Ganz zu schweigen davon, dass ihre Freundin Alyssa, die im Buch eine von zwei gleichgewichteten Erzählerinnen ist, nach einer halben Stunde Filmlaufzeit eine Minute Screentime hatte.

Du merkst schon: Der Fokus scheint hier vollkommen anders zu liegen. In meinen Augen ist „The Prom“ kein Film über ein lesbisches Paar, das um seine Rechte kämpft und dabei zufällig Unterstützung von ein paar Broadwaystars bekommt, sondern ein Film über vier abgehalfterte Broadway-Stars, die zufällig über ein lesbisches Pärchen stolpern. Ganz ehrlich, hätten die vier am Anfang statt Emma eine kleine süße Otterkolonie in einem vergifteten Tümpel auf Twitter entdeckt, die sie nun retten wollten, würde das die Handlung das Films nur marginal verändern. Außer dass man dann statt in der Mall vielleicht in einem Klärwerk singen würde.
Zusätzlich hat man sich dann entschieden, dass zwei Broadway-Stars nicht reichen. Nein, das müssen vier sein. Keine Ahnung wieso, vielleicht weil es auch vier apokalyptische Reiter gibt oder so. Aber es macht natürlich total Sinn, eine Geschichte mit sowieso zum Teil eher flachen Figuren (wie im Buch, was aber da okay ist) mit einfach noch mehr Figuren umzusetzen. Die werden dadurch bestimmt realistischer, tiefer, nachvollziehbarer. Nicht.
Obwohl es in der Hauptsache um die Leben der zwei bis vier – manchmal verschwinden zwei der Figuren eine Weile ins Nirvana – Schauspieler*innen vom Broadway geht, bleiben selbst die irgendwie flach. Sie sind wenig nachvollziehbar und stellen scheinbar abgestufte Personifikationen des Begriffs „Narzissmus“ dar.

Das Ding ist: Der Film ist nicht mal wirklich schlecht, er hat mich durchaus nett unterhalten. Die Besetzung ist großartig!
Aber wenn man das Buch gelesen hat, wird man doch eher enttäuscht. Man muss Film und Buch definitiv gedanklich von einander trennen, sich vielleicht auch nur eines von beidem gönnen.
Fans von High-School-Musical-Dramen werden bei „The Prom“ voll auf ihre Kosten kommen, da bin ich sicher – und unter dem Aspekt ist es nett auch mal mehr Diversität zu sehen. Wer aber einen Film wegen der Diversität sehen möchte, also eine queere Lovestory oder vielleicht ein queeres Drama, der sollte wirklich lieber etwas anderes schauen.

Zum Abschluss habe ich noch eine Kritik der Süddeutschen Zeitung für dich, die mich doch sehr unterhalten hat: Und jetzt alle zusammen! – Filmkritik Süddeutsche Zeitung (Stand: 19.08.2022, 18:22 Uhr)

Deine
Marina
(DarkFairy)

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