Mein Senf zu: Der Hof der Wunder

Sei gegrüßt.

Ich möchte heute gerne über ein Buch sprechen, das ich vor kurzem gelesen habe. Es ließ mich mit einem seltsamen, neuen Gefühl zurück. Allerdings wird es einen kleinen Spoiler geben – winzig klein – aber wen das stört, der sollte den Beitrag heute vielleicht nicht lesen. Ich muss aber einfach meine Gedanken los werden.

Aber jetzt verrate ich dir erstmal, um welches Buches überhaupt geht.

Allgemeine Infos

<b>Klappentext</b><b>Eckdaten</b>
In einem alternativen Paris des Jahres 1823 ist die Französische Revolution fehlgeschlagen. Skrupellose Aristokraten teilen sich die Stadt mit neun kriminellen Gilden, die die Unterwelt regieren. Zwischen den Gilden herrscht ein brüchiger Frieden. Nina, Angehörige der Diebesgilde, will ihre Schwester Azelma retten. Kaplan, der Oberste der „Gilde des Fleisches“, spezialisiert auf Menschenhandel und Prostitution, hat sie an sich gerissen. Aber die Diebe wollen sich nicht mit Kaplan anlegen. Die junge Waise Ettie soll Nina bei einem verzweifelten Befreiungsplan helfen. Doch unvorhersehbare Ereignisse wie eine Hungersnot und neue Revolutionäre zwingen die ungleichen Verbündeten dazu, sich den verfeindeten Gilden anzudienen und bis zur großen Zusammenkunft der Gilden, dem legendären Hof der Wunder, zu überleben. Aber als Kaplan auf die Spur der beiden kommt, droht in ganz Paris ein Krieg auszubrechen…
 Titel  Der Hof der Wunder
 AutorIn  Kester Grant
 Verlag  Piper
 ISBN  978-3-492-70501-1
 Seiten  416
 Erscheinungsdatum  02.12.2019
 Preis (Print)  17,- €

Mein Senf

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Am besten stelle ich dir erst mal eine Frage.
Kennst du das: Du liest ein Buch und weißt, dass es eigentlich nicht so gut ist, aber es ist trotzdem so gut? Verwirrt? War ich auch, als sich dieses Gefühl beim Lesen in mir breit machte.

Wenn ich logisch und analytisch darüber nachdenke, ist „Der Hof der Wunder“ gar nicht so gut.
Die Figuren bleiben alle recht flach, ihre Motive sind oft eher fadenscheinig. Dreh und Angelpunkt aller Figuren und Handlungen ist die Hauptfigur Nina, die Schwarze Katze der Diebesgilde. Und selbst sie könnte, nüchtern betrachtet, mehr Details vertragen.
Wieso scheinbar alle in diesem Buch auf sie fliegen wie Bienen auf den Honig wird nicht wirklich geklärt. Ich weiß nur, dass vom Revolutionär, über den Meuchelmörder bis hin zum Kronprinzen alle einen Narren an Nina gefressen haben. Punkt.

Du verstehst langsam vermutlich, wieso ich sage, dass das Buch eigentlich gar nicht so gut war. Komme ich also zur anderen Seite des seltsamen Gefühls, das ich oben ansprach.
Ich hatte richtig Spaß mit dem Buch. Ich wollte immer weiterlesen, ungerne unterbrechen und freue mich schon jetzt auf den nächsten Teil (den es noch nicht einmal auf Englisch gibt, wenn ich richtig gesehen habe).

Ich glaube, das lag zum größten Teil einfach am Worldbuilding, am Setting. Mir gefiel die Idee, eines alternativen Geschichtsverlaufs.
Die Französische Revolution ist gescheitert. Den Adligen gegenüber steht der Hof der Wunder. Ein Zusammenschluss aus neun kriminellen Gilden, die keine Blutsverwandtschaft oder so anerkennen. Gildenmitglieder haben nur einen Vater, ihren Gildenherrn (oder eine Mutter, je nachdem wer eben die Gilde anführt). Gildenmitglieder sind durch ein Symbol (etwa ein Diamant-Tattoo hinterm Ohr bei den Dieben) gekennzeichnet. Es gibt geheime Zeichen und Rufe, mit denen die Gilden untereinander kommunizieren. Und auch, wenn seine eigene Gilde über allem steht und die Gilden sich untereinander z.T. misstrauen (man kennt z.B. nicht den Ort des Gildenhauses einer anderen Gilde), sind trotzdem alle Kinder des Hofs der Wunder. Sie sind die Elenden.

Ich liebe das! Ernsthaft, das gefiel mir so gut, dass ich über alles andere hinwegsehen konnte. Dann sind die Figuren halt flach, fülle ich sie eben mit eigenen Vorstellungen auf. So habe ich dann auch einen Narren an Montparnasse gefressen. Aber hey, Meuchelmörder…

Der einzige Gedanke, der mich immer noch fertig macht, ist der: Man stelle sich nur mal vor, wie genial dieses Buch geworden wäre, hätten die Figuren mehr Tiefgang und nachvollziehbarere Motive bekommen…

Ob ich das Buch nun empfehle und wenn ja wem, kann ich an dieser Stelle wirklich nicht sagen.
Mir hat es Spaß gemacht, aber eigentlich weiß ich ja, dass es definitiv einige Schwächen hat. Ich kann beim besten Willen nicht einschätzen, wem es gefallen könnte und wem nicht.

Deine
Marina
(DarkFairy)

Ausblick Japan ist weit weg und es ist teuer dort hin zu kommen. Wie ich mir trotzdem zu meinem Geburtstag quasi einen Tag dort – aber eben vor unserer Haustür – gegönnt habe, erzähle ich dir nächste Woche.
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