Mein Senf zu: Flucht aus dem Patriarchat

Sei gegrüßt.

Heute möchte ich nochmal über eine meiner Messe-Entdeckungen schreiben.
Beim Stand des Riva Verlags stolperte ich über dieses Ecape-Room-Buch und fand die Idee wirklich witzig. Da ich ja vor Kurzem Urlaub hatte, dachte ich, ich kauf mir das Buch, um es im Urlaub zu „spielen“ und dann hier vorzustellen.

Jaaaa… hätte ich mal lassen sollen…

Allgemeine Infos

InhaltsangabeEckdatenBuchmacher*in
Cover von "Flucht aus dem Patriarchat". Das Cover ist violett, es ist ein Labyrinth angedeutet eine weiblich gelesene Person läuft aus einer Penis-förmigen Tür heraus.Dass Frauen bei gleicher Qualifikation, gleichem Können und gleicher Leistung schlechtere Aufstiegschancen haben und dabei schlechter bezahlt werden, ist kein Geheimnis. Doch worauf ist dieser Umstand zurückzuführen? Die Antwort lautet: Männer. Und nicht irgendwelche Männer: alte weiße Männer.

In dieser Escape-Room-Schnitzeljagd bekommst du die Möglichkeit, gegen die Machenschaften des Patriarchats vorzugehen. Zerstöre, was dich zerstört, und zeige mit deinem Einfallsreichtum, cleveren Rätselgeschick und deinem Kombinationsgespür, dass Gleichberechtigung und Solidarität der einzige Ausweg aus der Misere sind.

– Klappentext
Cover von "Flucht aus dem Patriarchat". Das Cover ist violett, es ist ein Labyrinth angedeutet eine weiblich gelesene Person läuft aus einer Penis-förmigen Tür heraus.

Titel Flucht aus dem Patriarchat: Entkomme den alten weißen Männern
Autor*in  P. Ussy
Verlag  Riva
ISBN  978-3-7423-2373-6
Seiten  88
Erscheinungsdatum  Juni 2023
Preis  13,- €
Stand: 27.10.23, 10:43 Uhr
Petra Ussy studierte Gender Studies an der Universität Wien. Im Rahmen ihrer anschließenden Lehrtätigkeit veröffentlichte sie zahlreiche Artikel zu dem Thema »heteronormative Strukturen im Mannschaftssport«. In ihrer Freizeit streitet sie sich gerne mit alten weißen Männern und lebt mit ihrer Frau und den gemeinsamen Katzen in Berlin.

Verlagsangabe online (Stand: 27.10.23, 10:43 Uhr)

Mein Senf

Fangen wir mal mit dem offensichtlichen Nachteil an: Der Nachhaltigkeitsaspekt.
Der Verlag wirbt damit nachhaltig zu Produzieren. Das ist schön und gut, aber wenn du ein Buch nur einmal nutzen kannst und danach in die Tonne haust – oder sogar verbrennst, wie am Ende vorgeschlagen – kannst du noch so sehr in der Produktion auf Nachhaltigkeit achten, dein Produkt ist und bleit alles andere als nachhaltig. „Normale“ Bücher kann man weitergeben oder irgendwann nochmal lesen. Auch solche Spielebücher können so konzipiert werden, dass sie wieder verwendbar bleiben.
Mir war nicht klar, dass das Buch tatsächlich später überhaupt nicht mehr brauchbar ist. Ich hatte vermutet, dass man ggf. hinein malen/schreiben muss, aber das kann man meist mit einem zusätzlichen Blatt Papier umgehen. Aber das Buch wird wirklich unbrauchbar gemacht. Man muss Dinge ausschneiden oder Seiten durchbohren.

Allerdings könnte ich jetzt behaupten, dass das auch kaum einen Unterschied macht, die meisten Rätsel sind nämlich keine. Ein Buch ab 16 Jahren einzustufen und dann „Rätsel“ zu machen, in denen man einfach nur eine gerade Linie ziehen muss (es steht auch exakt so in der Aufgabe) ist schon ein bisschen… lahm.
In dieser Hinsicht war das Buch also auch absolut enttäuschend für mich. Insgesamt habe ich mich ca. eine halbe Stunde mit dem Buch beschäftigt, dann war ich durch. Neben den Rätseln die keine sind, gibt es dann noch so zwei, drei, die so seltsam gestellt sind, dass ich Hinweise oder sogar die Lösung brauchte. Zugegeben, dass könnte jetzt an mir liegen, aber ich halte mich eigentlich für nicht so schlecht im Rätsellösen…

Aber auch sonst, jenseits der Rätsel, also im Textteil, konnte das Escape-Buch absolut nicht überzeugen.
Mal abgesehen von der Art der Sprache, die mir persönlich stellenweise überhaupt nicht gefiel – aber das ist ja sehr subjektiv, daher will ich hier gar nicht weiter darauf eingehen – wurden Probleme des Patriarchats lediglich genannt. Man muss sich also schon im Thema auskennen, weil erklärt wird nichts, aber dann ist das Ganze halt auch wieder sehr flach. Ich meine: Oh nein, der Gender Pay Gap! Ach so, ja, den überwinden wir einfach. Okay. Weitergeht’s.
Quellenangaben bzw. weiterführende Literaturhinweise hätten dem Buch wirklich gutgetan. Z.B. stände man* dann auch nicht so verloren vor der Behauptung, dass die Bauordnung weniger „Pinkelplätze“ für Frauen vorsieht. Das wollte ich genauer wissen: Erstmal hat jedes Bundesland eine eigene Bauordnung. Und spontan fand ich – wenn da überhaupt was zu Toiletten stand – nur, dass jede Wohnung eine haben muss. Ich frage mich wirklich auf was sich die Aussage im Buch bezieht, aber ohne auch nur den geringsten Hinweis auf eine Quelle, kann ich das aktuell nur als Behauptung betrachten.

Zu guter Letzt kommt dann auch noch Gewalt „ins Spiel“. Da müssen empfindliche männliche Geschlechtsteile mit einem Bleistift durchstochen werden und am Ende helfen auch „weder Köpfchen noch Geschicklichkeit“ (Rätsel 16), da „bleibt nur noch eins: rohe Gewalt!“ (ebd.).
Klar, Gewalt ist sicher die Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme. Nicht. Gewalt als Selbstzweck in ein Spiel einzubauen, finde ich schwierig, zumindest aber mal diskussionswürdig. Was soll denn auch die Botschaft den Spiels sein? Wir haben die folgenden Probleme, die müssen wir einfach überwinden und da hilft letztlich nur rohe Gewalt. Nein, danke. Ohne mich.

Dachte ich also anfangs noch, dass Ganze könnte eine witzige Geschenkidee sein, wurde ich zunehmend enttäuscht, ja sogar ein bisschen angeekelt. 13,- € dafür sind einfach rausgeschmissenes Geld. Mach damit lieber was anderes, weil „Der perfekte Rätselspaß für Feminist*innen und alle Escape-Room-Fans, die nicht vor bitteren Wahrheiten zurückschrecken und über eine gesunde Menge Humor verfügen“ (Klappentext), sieht in meinen Augen wirklich völlig anders aus.

Aber vielleicht bin ich ja auch einfach völlig humorlos… /Sarkasmus off

Deine
Marina
(DarkFairy)

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