Montagsfrage: Die perfekte Buchhandlung?

Sei gegrüßt.

Jajaja. Ich weiheiß. Es ist Dienstag. Aber gestern habe ich es nicht mehr geschafft, die Montagsfrage zu beantworten – bzw. wollte dann doch lieber noch die neue Folge Game of Thrones gucken. Schande über mich und meine Kuh.
Heute hatte ich dann zwar früh Feierabend, war aber noch bei meiner Oma – die wird heute nämlich 88!

Jetzt widme ich mich dann endlich der Montagsfrage von gestern, obwohl ich gar keine Lust habe einen Beitrag zu schreiben. Aber diese Frage kann ich einfach nicht unbeantwortet lassen.
Antonia von Lauter&Leise fragt nämlich:

Was macht eine gute Buchhandlung aus?

Die Frage kann in höchstem Maße subjektiv aufgefasst werden. Man kann aber auch versuchen sie objektiv zu beantworten.
Ich gebe gleich zu, dass ich letzteres nicht so ganz schaffen werde, da mein Herz für den stationären, unabhängigen Buchhandel schlägt und ich voller Leidenschaft in meiner Tätigkeit als Buchhändlerin in eben einer solchen Buchhandlung aufgehe. Aber als solche kann ich zumindest einen kleinen Hinweis darauf geben, wie man versucht objektiv an diese Sache heranzugehen.
Da das hier aber mein Blog ist und es um meinen Senf geht, fange ich ganz ungeniert mit der vollen Dröhnung meiner Meinung an.

Der wichtigste Punkt, den eine gute Buchhandlung für mich erfüllen muss: Sie muss Atmosphäre haben, ich muss mich wohlfühlen.
Sie sollte hell sein, viel mit Holz arbeiten und genügend Möglichkeiten bieten einfach mal in ein Buch reinzublättern – gemütliche, vorzugsweise alte, Sessel sind der Shit in der Beziehung.
Kaffee ist kein Muss, aber ein definitives nice-to-have.
Es sollte ordentlich sein. Mal ein bisschen Staub passiert, Zentimeter dicke Staubschichten gehen aber gar nicht. Lücken in (Frontal-)Präsentationen fallen mir auch sofort negativ auf.

Punkt zwei: Das Personal.
Gut, ich bin da jetzt natürlich vorbelastet, aber ausgebildete BuchHÄNDLER*INNEN sind (in der Regel, es gibt sicher Ausnahmen) einfach besser als BuchVERKÄUFER*INNEN.
Schon bevor ich in der Branche tätig wurde, fielen mir oft Beratungsgespräche auf, wo ich als anderer Kunde sicher gezielter hätte helfen können – und es auch getan habe, sobald die Verkäuferin wieder weg war. Ich weiß, fürchterlich diese Klugscheißer, aber ich kann einfach nicht guten Gewissens Menschen mit einem völlig unpassenden Fantasy-Buch als Geschenk für das Kind gehen lassen, wenn ich es verhindern kann – und dem Kind damit einen Gefallen tue.
Daher: Egal ob ausgebildet oder nicht: Know your Shit! Das Personal muss Ahnung von Büchern haben.
Außerdem sollten Angestellte im Buchhandel freundlich und zugewandt sein. Sie müssen gut zuhören können und auch auf Grundlage von wenig Informationen Empfehlungen geben können, die zum Käufer bzw. Beschenkten passen..

Außerdem muss eine gute Buchhandlung mich als Multi-Channel-Kunden dort abholen, wo ich stehe – und zwar quasi wortwörtlich.
Multi-Channel-Kunden sind Kunden, die nicht auf einen Weg festgelegt sind, um ihre Bücher zu kaufen. D.h. eine gute Buchhandlung braucht einen guten Online-Auftritt mitsamt benutzerfreundlichem Online-Shop. So kann ich auch von zuhause aus bequem Bücher shoppen, ohne auf meine Lieblingsbuchhandlung verzichten zu müssen.

Für mich sind das die drei wichtigsten Punkte, die eine gute Buchhandlung ausmachen. stimmen diese drei, kann ich über nahezu alles andere hinweg sehen.
Kommen wir also jetzt zu der angekündigten objektiveren Betrachtungsweise – die um ehrlich zu sein auch nicht ganz objektiv ist, aber immerhin versucht es zu sein.

Seit 2015 wird jährlich der Deutschte Buchhandlungspreis verliehen.
Für die Verleihung werden vier Kategorien näher beleuchtet:

  • kulturelles Veranstaltungsprogramm
  • Engagement bei der Lese- und/oder Literaturförderung
  • literarisches Sortiment
  • innovatives Geschäftsmodell

Diese vier Bereiche also lassen eine Aussage darüber zu, ob eine Buchhandlung gut ist oder nicht. Ich kann mich mit diesen Kategorien sehr gut anfreunden, besonders da mein persönlicher Punkt Nummer eins, die Atmosphäre, unfassbar subjektiv ist. Diese vier Punkte hier, ermöglichen definitiv ein objektiveres Urteil.

Der Punkt „Literarisches Sortiment“ klingt erstmal wenig objektiv, betrachtet man aber dabei Dinge wie z.B. Sortimentszusammensetzung im Hinblick auf Verlagsvielfalt oder Sortimentsbreite und/oder -tiefe, so lassen sich durchaus objektive Vergleiche anstellen.

Mich stört tatsächlich eher die Beschreibung des Punktes „innovatives Geschäftsmodell“.
Nicht dass ich etwas gegen Innovation hätte – ganz im Gegenteil, sie ist verflucht wichtig und notwendig für das Fortbestehen des deutschen Buchhandels wie wir ihn kennen – aber dazu gehört laut den Verleihern des Preises unter anderem ein „ansprechender Internetauftritt“ (s. Teilnahmebedingungen und Verfahrensregeln „Deutscher Buchhandlungspreis“der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 01.03.19).
Ich bitte dich, liebe Buchbranche: An einer ansprechenden und nutzerfreundlichen Homepage ist nun wirklich nichts mehr innovativ. Das sollte mittlerweile Standard sein. Umso erschreckender – und vielleicht auch gerade deswegen wichtiger – dass es extra erwähnt werden muss. Ich finde, das sagt einiges über unsere Branche aus.

Wenn Buchhandlungen aber kontinuierlich an sich arbeiten – und dabei kann der Preis sicher hilfreich sein – und sich mit Kunden und Kundinnen austauschen, wird es noch lange viele gute Buchhandlungen in Deutschland geben, da bin ich sicher.

Deine
Marina
(DarkFairy)

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