Mein Senf zu: Das Lied des Glaubens – Roger Taylor

Seid gegrüßt.

Zu „Das Lied des Glaubens“ möchte ich nicht nur einen Kurz-Senf schreiben, da mir dieses Buch so unglaublich gut gefallen hat und ich das Gefühl habe, dass ich gerne mehr dazu sagen würde. Daher heute meine Rezension zu „Das Lied des Glaubens“ von Roger Taylor. Ich habe übrigens auch in einer Montagsfrage schon mal von diesem Buch gesprochen.

Allgemeine Infos

<b>Klappentext </b>(leicht angepasst)<b>Eckdaten</b>

Das kleine Land Canol Madreth wird offiziell von einem gewählten Parlament, dem heindral, regiert – inoffiziell von der Kirche [Ishryths]. Eines Tages verwandelt sich der bisher harmlose Bruder Cassraw in einen gefährlichen Demagogen, der eine ganz neue, primitive und blutrünstige Religion predigt. Nur sein langjähriger Freund, Bruder [Vredech], ahnt die dunkle Wahrheit. Eine Macht ist am Werk, uralt und geheimnisvoll, [eine Macht, die auch der Pfeifer kennt], [die] droht, das ganze Land ins Chaos zu stürzen…

Titel Das Lied des Glaubens
AutorIn Roger Taylor
Verlag Bastei Lübbe
Genre Fantasy
ISBN-10 3-404-20330-5
Seiten 671
Preis vergriffen

Stil:Zitat_Das Lied des Glaubens

Oft wird Fantasy vorgeworfen keine erstzunehmende Literatur zu sein, dieses Buch ist ein gutes Gegenbeispiel.
Es ist – mir fällt am ehesten das Wort „intelligent“ ein – intelligent geschrieben. Ich habe sogar gegenüber meinem Freund schon die Beschreibung „Bildungsbürgerlich“ genutzt.

Mehr als einmal kam ich mir irgendwie ungebildet vor, da der Autor Wörter nutzte, mit denen ich nichts anfangen konnte, und für die ich tatsächlich den Duden bemühen musste. Es waren Wörter wie z.B. „kathartisch“ oder „skrofulös“. Aber nicht nur die Wortwahl gab ein gewisses Niveau wieder, sondern der gesamte Schreibstil. Ich kann es gar nicht richtig erklären…

Oft waren Probleme und/oder auch die Handlung eher von psychischer, als von physischer Natur. Vieles wurde von den Figuren mehrfach durchdacht und durch – naja… so eine Art Visionen oder Träume – geklärt.

Mein Senf:

Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, dass es in diesem Buch um mehr geht, als im Klappentext steht. Genau genommen bekommt man hin und wieder sogar den Eindruck, dass die eigentliche Handlung gar nicht so wichtig ist, dann aber wieder wird einem klar, dass diese Handlung sein muss – und zwar genau so. Es geht um die Kraft des Geistes, um den Kampf zwischen drohendem Wahnsinn und brutaler Realität. Es geht um die Kraft des Glaubens, um den Kampf zwischen wissenschaftlicher Logik und religiöser Überzeugung. Und es geht um die Kraft der Natur und des Willens, um den Kampf zwischen uralten Instinkten und zivilisatorischen Konventionen. Nicht zuletzt geht es auch um die Auseinandersetzung eines Priesters mit seinem Glauben.

Da ist Vredech, der mir sehr ans Herz gewachsen ist, dem ich so gerne geholfen hätte, mit dem ich mit gelitten habe und den ich jetzt sicher vermissen werde. Er wäre definitiv eine Romanfigur, mit der ich gerne befreundet wäre. Er ähnelt meiner eigenen Figur Coelestin irgendwie.
Jedenfalls ist Vredech sich irgendwann nicht mehr sicher, was real ist und was nicht. Und auch der Leser kann es nicht mehr richtig unterscheiden. Außerdem überkommen Vredech Gedanken und Gefühle, die ihn nicht nur als Priester, sondern auch als Menschen aus der Bahn zu werfen drohen. Als Vredech dann irgendwann sagte

Spoiler
Ich werde einen Rat beherzigen, den ich vor kurzer Zeit erhalten habe, den ich damals in meiner priesterlichen Weisheit jedoch in den Wind geschlagen habe.

– Vredech; Das Lied der Weisheit, S. 594

da hat es mir fast das Herz zerrissen. (Wer das Buch noch lesen mag, der würde irgendwann bei Lesen das Zitat oben verstehen und sich dann vielleicht über den Spoiler ärgern, daher ist es als solcher gekennzeichnet.)

Spoiler
Das Vredech tatsächlich jemanden – seinen besten Freund – töten wollte, das hat mir die Sprache verschlagen. Klar, seine Motive waren edel, aber er wollte sich mit einer solchen Schuld beladen, die ihn vermutlich erdrückt hätte. Ich musste erst mal schlucken…

Dann ist da auch noch Nertha. Eine Frau, die mir mit ihrer pragmatischen und logischen Art schon sympathisch ist. Sie und Vredech müssen häufiger zusammen arbeiten, wenn sie an den Rand der Dunkelheit stoßen, in der ihre Fähigkeit zu messen aufhört (sinngemäß aus dem Buch übernommen).

Insgesamt hatte ich ein bisschen den Eindruck, als gebe der Autor sich die größte Mühe, dem Leser vorzuschreiben, welche der Figuren er zu mögen hatte und welche nicht. Aus Sicht des Autors, kann ich das sehr gut verstehen. Und eigentlich ist da ja auch nichts gegen einzuwenden, auch wenn ich mir immer gerne selber ein Bild mache. Klar, ein Buch ohne die Meinung des Autors zu spühren… das geht nicht. Aber hier fiel es mir eben extrem auf. War aber, wie gesagt nicht wirklich negativ.

Interessant fand ich das Buch nicht zu letzt auch wegen der durchaus aktuellen Thematik der „Haupt“handlung. Wie es schon im Klappentext steht: Cassraw wird zu einem gefährlichen Demagogen. Er wird gerade zu fanatisch. Und Fanatismus ist besonders heute ein Thema, das nie zu vor so bedrohlich war. Fanatismus bringt nie etwas Positives mit sich – egal ob es sich um religiösen Fanatismus oder die krankhafte Zuneigung zu z.B. einer Berühmtheit handelt. Ich glaube, man verliert, je fanatischer man wird, irgendwie den Bezug zur Realität, was auf Cassraw wohl ohne Zweifel zutreffen dürfte.

Stilistisch gefiel mir das Buch auch gut. Hin und wieder konnte der Schreibstil zwar etwas anstrengend sein, aber ich finde es eigentlich schön, wenn ein Buch auch mal die Intelligenz des Lesers in besonderer Weise fordert ;)
Die inneren Auseinandersetzungen waren sehr gelungen. Wie gesagt: Irgendwann war auch ich mir nicht mehr sicher, was tatsächlich real war in der Welt des Buches und was nicht. Außerdem haben mich Vredechs Gedanken sogar so sehr beschäftigt, dass ich einmal nachts wach wurde und mir den Kopf über seine Probleme zerbrochen habe.

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Ende…
Tja, in einer nicht unbedingt positiven Bewertung auf Amazon wurde angeprangert, das Ende sei übereilt gewesen, ganz so, als ob der Autor keine Lust mehr gehabt hatte. Ich weiß nicht recht. Das Ende ging plötzlich sehr schnell, da würde ich zustimmen. Die Handlung wurde aber stimmig und sinnvoll beendet. Allerdings habe ich ein wenig das Gefühl, das am Ende noch ein paar neue Fragen aufgeworfen wurden, auch wenn ich diese nicht wirklich festmachen könnte. Und die drängenste Frage, die ich mir während des Buches stellte, wurde einfach nicht beantwortet.

Spoiler
Wer zum Henker ist der Pfeifer? Was hat es mit ihm auf sich?

Zwar habe ich die ein oder andere Vermutung gehabt und auch wieder verworfen, und letztendlich bin ich bei einer geblieben, aber sicher kann ich mir mit der Antwort eben nie sein. Aber vielleicht ist das gerade gewollt. Vielleicht soll das Denken über das Buch hinaus weiter gehen.

Ungeachtet dessen, dass ich mich irgendwie nach beenden des Buches zurückgelassen fühlte, ein bisschen so als hinge ich in der Luft und wüsste nicht weiter, hat mir das Buch wirklich sehr gut gefallen. Und ich würde es auch vorbehaltlos weiter empfehlen.

Eure
DarkFairy

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